Vielfältige Perspektiven auf die Entwicklung Funktionalen Denkens
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DOI:
https://doi.org/10.18716/ojs/md/2021.1160Abstract
Der Funktionsbegriff ist grundlegender Inhalt des Mathematikunterrichts. Seit den Meraner Lehrplan-Reformen 1905 um Felix Klein steht vor allem das Schlagwort „Erziehung zum Funktionalen Denken“ für eine flächendeckende curriculare Verbreitung des Begriffs mit all seinen Facetten im Mathematikunterricht (Gutzmer, 1908). Hierbei gilt es, Lernenden ein reichhaltiges und ebenso perspektivenreiches Bild von Funktionen und ihren inner- wie außermathematischen Anwendungsmöglichkeiten zu vermitteln. Lernende sollen in Funktionen denken lernen, d. h. Funktionales Denken entwickeln (vgl. z. B. ebd.; Oehl, 1965; Vollrath, 1986, 1989; Krüger, 2000). Gerade in den letzten Jahren gibt es innerhalb der deutschsprachigen mathematikdidaktischen Community vielfältige Forschungsprojekte, die sich der Entwicklung Funktionalen Denkens bei Lernenden widmen. Dies lässt sich beispielsweise anhand der großen Anzahl einschlägiger bereits publizierter Dissertationensschriften festmachen (z. B. Nitsch, 2015; Klinger, 2018; Lindenbauer, 2018; Rolfes, 2018; Lichti, 2019; Zindel, 2019; Dreher, 2020). Um solchen Projekten eine gemeinsame Plattform zu geben und voneinander zu profitieren sowie den nationalen fachdidaktischen Forschungsstand zum Funktionalen Denken zu vernetzen, wurden einerseits verschiedene Tagungsformate (F3-Tagung vom 22. bis 23. März 2019 in Landau) und Symposien (insbesondere im Rahmen mehrerer Tagungen der GDM) angeboten.
Andererseits soll gerade ein Themenheft wie das vorliegende einen Ausschnitt der vielfältigen Forschungsaktivitäten abbilden und gemeinsam sichtbar machen. In diesem Sinne adressiert das vorliegende Themenheft der mathematica didactica vielfältige Aspekte im Bereich des Funktionalen Denkens. Diese reichen von der weiteren theoretischen Konzeptualisierung des Begriffs über die Erforschung von individuellen Lernprozessen bei der Entwicklung Funktionalen Denkens, die deskriptive Beschreibung der Fähigkeiten im Bereich Funktionen für große Stichproben bis hin zur Erforschung notwendiger fachdidaktischer Expertise bei angehenden Lehrkräften. Eine gemeinsame theoretische Basis aller Projekte bilden dabei stets die drei Aspekte nach Vollrath (1989) (1) Zuordnung, (2) Änderungsverhalten bzw. Kovariation und (3) Funktion als Ganzes bzw. Objekt (Malle, 2000), die sich in den Grundvorstellungen des Funktionalen Denkens entsprechend wiederfinden (von Hofe, 2003). Hinzu kommen weitere Gemeinsamkeiten, etwa der Fokus auf unterschiedliche Darstellungsarten wie Funktionsterm, Funktionsgraph, Wertetabelle und eine ggfs. zugrundeliegende situative Beschreibung (vgl. Janvier, 1978; Swan, 1982).