Über Cantabilität

Authors

  • Ingo H. Warnke Universität Bremen

DOI:

https://doi.org/10.18716/ojs/the_mouth.3175

Abstract

Wir hören César Francks (1822–1890) im Jahr 1868 bei Maeyens-Couvreur in Paris publizierte Orgelkomposition Prélude, Fugue, Variation, die er dem zwölf Jahre jüngeren Camille Saint-Saëns widmet. Wir hören das an den Beginn gesetzte Andantino aber nicht als Orgelkomposition, sondern in der Klavierfassung, live eingespielt am 10. Dezember 1995 von Awadagin Pratt im NICO Opera House, Cape Town. Nelson Mandela wurde im Jahr zuvor zum Präsidenten gewählt. Hier wird enorm viel erzählt. Francks Andantino legt offen, was nie zu heilen ist. Vor allem singt es davon. Und ändert Welt; denn nicht nur deklarative Akte im engeren Sinne tun dies (vgl. Searle 1976: 13). Darauf kommt es an. Cantabile. Befassen wir uns daher mit Cantabilität und der Frage, welche Bedeutung diese jenseits, aber durchaus auch unter Beachtung eines kompositorischen Ideals im 18. Jahrhundert noch heute, insbesondere für das wissenschaftliche Schreiben haben kann. Das Problem, einen Klang des Ausdrucks zu finden, der nicht abgeleitet ist aus dem Selbstzweck vermeintlicher Schönheit, der kein ästhetisches Programm der Simplifizierung und der Gefälligkeit umsetzt, dem es schon gar nicht um praktische Singbarkeit geht oder die kritiklose Übernahme vermeintlich zugänglicher historischer Formen des Wohlklangs.

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Published

2020-05-01