Körper, Artefakte und Kontexte. Praxistheoretische Überlegungen für die Wissenschaftsdisziplin Deutschdidaktik und den Deutschunterricht
DOI:
https://doi.org/10.18716/ojs/midu/2019.1.11Schlagwörter:
Mediendidaktik;, Deutschunterricht, Neue Medien, Praxistheorie, Wissenschaftsdisziplin Deutschdidaktik, Habitus, kulturelle Praxis, LiteralitätAbstract
Bereits 2013 hat Matthis Kepser dargestellt, dass die Wissenschaftsdisziplin Deutschdidaktik mit Blick auf ihre Gegenstandsbereiche sowie ihre Kompetenzorientierung heute als Kulturwissenschaft zu verstehen sei. In der Nachfolge seines durchaus als Streitpapier zu verstehenden Vorstoßes hat sich eine Diskussion nur schleppend entwickelt. Das ist insofern bedauerlich, als ein wesentliches Theorie- und Forschungspotenzial der Deutschdidaktik damit unausgeschöpft brach liegt. Bislang wird die Mediendidaktik im Fach Deutsch mit wenigen Ausnahmen als ein eigenständiger und in sich geschlossener Bereich behandelt. Bezüglich literaler Schlüsselkompetenzen, die vorrangig im Deutschunterricht erworben werden sollen, spielen (neue) Medien eine nachrangige Rolle. Kepser zeigt in seinem Aufsatz hingegen auf, dass die mediale Seite verbaler und schriftsprachlicher Kommunikation längst eine zentrale Stellung einnimmt und massiven Einfluss auf die sprachliche Dimension der Kommunikation nimmt. Die Reduktion sprachdidaktischer Gegenstandsbereiche auf ausgewählte und zumeist klassische Medien würde den gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen längst nicht mehr gerecht (vgl. Kepser 2013, 63). Kepser schließt mit dem Hinweis, dass Kultur heute nicht mehr als feststehendes schulisch anzueignendes Regelsystem verstanden werden könne, sondern ihre produktive, prozesshafte Struktur längst auch für den Deutschunterricht von Bedeutung sei (vgl. ebd.). Für die Deutschdidaktik ist es daher bedeutsam, neben dem Kulturbegriff gleichfalls Elemente dieser Prozesshaftigkeit zu schärfen. Es gilt zu klären, wie Prozesse eigentlich entstehen und welchen Faktoren und Bedingungen sie unterliegen. Der vorliegende Artikel versucht nachfolgend den Spagat, theoretische Eckpunkte der Kategorie kulturelle Praxis aus der Soziologie in die Deutschdidaktik zu importieren und gleichzeitig Elemente literalen Handelns auf dieser Grundlage zu beschreiben. Dabei bleibt es mithin weitgehend bei Andeutungen zum Bereich der Literalität. Schwerpunkt ist demgegenüber die ausführliche Aufklärung der Bedeutung kultureller Praktiken für die Deutschdidaktik. Dazu wird zunächst das Verhältnis von Kultur und Praxis geklärt. Anschließend werden mit den Kategorien Körper, Artefakt und Kontext wesentliche Dimensionen der Praxis vorgestellt. Zuletzt soll zudem ein forschungsmethodischer Aufriss erfolgen, der insbesondere zeigen soll, dass es sich bei kulturwissenschaftlichen Perspektiven in der Deutschdidaktik nicht lediglich um eine wohlgefällige Form der geisteswissenschaftlichen Theoriebildung handelt. Praxisforschung ist v.a. von Interesse, um die reale Produktion kultureller Ausdrücke für Schule und Didaktik zu ermitteln.
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